Mentoring-Erfahrungsbericht von Mentorin Ágota Szendrei

Mag. Ágota Szendrei ist Unternehmensberaterin, Trainerin und Coach im Bereich Human Ressource Development. Aber nicht nur das. In ihrer Dissertation beschäftigt sie sich mit dem Thema wie kunstbasierte Interventionen ein Werkzeug für Nachhaltigkeit darstellen können und als Organisatorin eines Mentoringprogramms für Hotelfachschüler:innen unterstützt sie Jugendliche dabei internationale Erfahrungen zu sammeln. Wie es ihr selber in ihrer Rolle als Mentorin im Career Mentoringprogramm ergangen ist, hat sie uns in einem persönlichen Gespräch verraten.

Frau Szendrei, was waren Ihre Beweggründe, sich als Mentorin zu engagieren?

Die größte Rolle hat dabei sicher gespielt, dass ich selber vor 25 Jahren Mentee war. Hinzu kommt, dass die unmittelbare Erfahrung, womit sich die jungen Menschen beschäftigen, in welcher Qualität sie ihre Jobs angehen, wie sie organisiert sind und auch was sie mir beibringen können, mich als Mentorin sehr anregt. Meine Mentee hat mir beispielsweise viele interessante Online-Tools und Programme gezeigt, die ich davor noch nicht gekannt hatte.


Als Sie die Mentoring-Anfrage erhalten haben, wie war Ihr erster Eindruck von Ihrer Mentee?

Bevor wir uns gesehen haben, haben wir uns geschrieben. Da bekam ich bereits einen ersten Eindruck davon, was für ein Mensch meine Mentee ist. Beim ersten Termin ging es dann natürlich auch darum, zuerst einmal zu spüren, sind wir auf der gleichen Wellenlänge, können wir miteinander, was sind die Erwartungen aneinander. Ich kann mich erinnern, meine Mentee hat mir zu Beginn ganz tiefgründige Fragen gestellt. Das erste Treffen war also nicht so „Ich möchte Sie kennenlernen und dann schauen wir mal, ob das was wird“, sondern meine Mentee hat ganz konkret eine Richtung eingeschlagen, in die sie mit mir gehen wollte. Davon war ich sehr beeindruckt, dass sie ganz genau gewusst hat, was sie aus dieser Mentoring-Beziehung rausholen möchte und wie wir gemeinsam das Beste daraus machen können. Das war für mich ein Zeichen der Wertschätzung und damit war klar, dass wir gut miteinander können und auch die Organisation gut funktionieren wird.


Sie haben die Organisation angesprochen. Haben Sie zu Beginn bereits einen Zeithorizont geplant, wie lange das Mentorship dauern soll?

Das haben wir nicht gemacht. Ich hätte es machen sollen und ich hätte es auch gebraucht. Weil als wir nach etwa einem Jahr zu unserem Mentoring-Abschluss gekommen sind, den ich aufgrund von weiteren Verpflichtungen meinerseits angestoßen habe, war das wirklich wie ein Verlassen und ich habe selber ein komisches Gefühl dabei. Es war wie ein Einschnitt in der Beziehung. Heute sage ich, unbedingt am Anfang festlegen, wie lange das Mentorship dauern soll und dementsprechend auch die Zeit nutzen. That’s a lesson learned. Gleichzeitig ist es aber wahrscheinlich eine große Herausforderung, zu Beginn eines Mentorships zu sagen, das sind jetzt die Themen, die wir in den nächsten sechs Monaten abarbeiten wollen, weil diese intensive Art der Begleitung und Selbstreflexion viel Neues während des Mentorships hervorbringt.

Wie zeitaufwändig war das Mentorship für Sie?

Unsere Gespräche haben monatlich stattgefunden und haben eineinhalb Stunden gedauert. Ich habe mir bei unseren Terminen immer Notizen gemacht, die ich vor jedem weiteren Treffen angeschaut habe. Heruntergebrochen waren es also durchschnittlich zwei Stunden pro Monate Zeit, die ich aufgewendet habe.


Was sind denn aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Aufgaben einer Mentorin bzw. eines Mentors? 

An erster Stelle steht sicher die Vorbildfunktion. Wenn ich Strukturiertheit, Zeitmanagement und Art der Kommunikation so vorlebe, wie ich es mir von meiner:meinem Mentee wünsche, ist es viel leichter für sie:ihn das in gleicher Weise zurückzugeben.

Zweitens, die positive Kommunikation und Wertschätzung als partnerschaftliche Qualität. Als Mentor:innen gehen wir wohlwollend, mit all unseren Werkzeugen, Erfahrungswerten und positiven Einstellungen in den Mentoringprozess hinein und schaffen einen Rahmen, in dem auch über Fehler, Enttäuschungen und Frustration geredet werden darf. Es geht ja nicht darum, immer die rosarote Welt darzustellen, sondern sowohl als auch, und aus den weniger erfolgreichen Erfahrungen den Lerneffekt mitzunehmen. Um die konstruktive Qualität so einer Erfahrung zu sehen, dafür sind die Mentor:innen da.

Und das Dritte ist die Neugierde zu bewahren. Denn es ist nicht immer nur ein Geben seitens der Mentor:innen, es ist auch ein Nehmen für die Mentor:innen. Und das dürfen die Mentees durchaus auch erfahren, dass wir als Mentor:innen aus der Mentoring-Beziehung mit ihnen sehr viel mitnehmen können.



Liebe Frau Szendrei, herzlichen Dank für das Gespräch!